Alwin Brenner macht sich Gedanken zum Thema "Selbstbewusstsein"

Jeden Monat schreiben Projektträger zu einem bestimmten Stichwort. Im Juli macht sich Alwin Brenner, Heilpädagoge im Fachdienst der Augustinum Tagesstätten, Gedanken zum Thema "Selbstbewusstsein".  

2019 gewinnt Samuel Dietz (vorne) im Judo eine Goldmedaille bei den Special Olympics. (© Foto: Rene Weil)

Ich bin Olympionike. Was machst Du?
Samuel Dietz ist Olympionike. Er gewann 2019 eine Goldmedaille bei den Special Olympics World Games, hat einen Hauptschulabschluss und verdient sein eigenes Geld als Pizzalieferant in München. Mit elf Jahren kam er in die Otto-Steiner-Schule und die heilpädagogische Tagesstätte des Augustinum – ein Förderzentrum für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Seit vielen Jahren gibt es dort für Kinder und Jugendliche ein besonderes Angebot: ID-Judo, Judo für Menschen mit geistiger Behinderung (Intellectual Disability). Heute ist er Judo-Assistenztrainer und für viele Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Behinderung ein Vorbild: denn er schaffte, ermutigt durch die Erfolge im Judo, einen anerkannten Schulabschluss und fand eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt!

Die Medaillengewinner des Augustinum mit ihrem Trainer Alwin Brenner (re.) bei den Special Olympics in Abu Dhabi 2019 (© Foto: Augustinum)

Als Heilpädagoge und Judotrainer arbeite ich seit über 30 Jahren mit Kindern und Jugendlichen an drei Standorten der heilpädagogischen Tagesstätten des Augustinum in München. Für viele ist es das erste Mal, dass sie sportlich aktiv und Teil eines Teams werden. Der eigene Judogi – der Judo-Trainingsanzug – ist ein erster Selbstbewusstseins-Booster. Dazu kommen die klaren Abläufe des Trainings, die von Respekt und Wertschätzung geprägte Judokultur und dann natürlich die erste gelungene Wurfübung. Durch das regelmäßige Judotraining in der Gruppe gewinnen die Kinder und Jugendlichen zunehmend an Körperbeherrschung und Selbstvertrauen. Auf einmal sind sie wer und werden von anderen positiv wahrgenommen.

Eine der größten Herausforderungen ist dabei, den Kindern und Jugendlichen Freude an der Bewegung und damit auch am Training zu vermitteln – insbesondere in Zeiten der Digitalisierung und Isolation durch die Coronapandemie. Bis vor kurzem gab es in der Augustinum Tagesstätte im Olschewskibogen in München, in der ich mit Jugendlichen im Alter von 12 bis 20 Jahren trainiere, neben einem gepflasterten Innenhof und dem Trainingsraum im Keller kaum Bewegungsmöglichkeiten. Dank der Unterstützung von Sternstunden konnten wir im Innenhof einen Spiel- und Kletterplatz bauen. Das unkonventionelle Klettergerüst mit vielen unterschiedlichen Schaukel-, Kletter- und Rutschelementen und das Karussell, auf dem man liegen, stehen oder sitzen kann, fördern den natürlichen Bewegungsdrang und die Körperwahrnehmung spielerisch. So ergänzt der neue Spielplatz das Judotraining durch die tägliche Bewegung und bietet eine schöne Abwechslung.

Als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Augustinum Tagesstätten wollen wir, dass die Kinder und Jugendlichen so selbstständig wie möglich werden, eine starke und selbstbewusste Persönlichkeit entwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Durch den Judosport und die enge Kooperation mit dem Sportfreunde Harteck e.V. gelingt es uns, die Jugendlichen in den Vereinssport zu integrieren. Wir bereiten sie auf die Gürtelprüfung vor und ermutigen sie, an nationalen und internationalen Wettkämpfen und Turnieren teilzunehmen. Wenn sie dann als junge Erwachsene die Tagesstätte verlassen, können sie im Judo-Sportverein weitertrainieren und unterstützen oft die Judogruppen des Augustinum bei Training, Wettkämpfen und besonderen Veranstaltungen. So wie Samuel Dietz, der als Judo-Assistenztrainer die Judokas des Augustinum regelmäßig unterstützt.

Alwin Brenner ist Heilpädagoge im Fachdienst der Augustinum Tagesstätten und Judotrainer B-Lizenz Rehasport. (© Foto: Juri Reetz)

Meldung erstellt am: 21. Juli 2022