Helfen

Jeden Monat schreiben Projektträger zu einem bestimmten Stichwort. Im Februar macht sich Christian Springer Gedanken zum Thema "Helfen".

Der Großteil der Projekte von Orienthelfer e.V. befindet sich aktuell im Libanon und in Syrien. (© Foto: Orienthelfer e.V.)

Dem Schweizer Arzt und Philosophen Paracelsus wird dieses Zitat zugeschrieben: „Schwätzen, süß reden ist des Maules Amt; helfen aber, nutz sein, ist des Herzens Amt“. Wir alle wissen, was damit gemeint ist. In jedem Verein treiben sich die Plapperer herum, von denen keiner mehr zu sehen ist, wenn es darum geht, hinterher die Stühle hochzustellen. Aber warum gibt es immer wieder diejenigen, die zupacken, die andere unterstützen, und einfach helfen ohne Dank und Bezahlung? Sind das nur diejenigen, die ein zu großes Herz haben? Ist es nur des „Herzens Amt“? Und dabei nehmen sie auch noch in Kauf, dass man sie verlacht? Als „Gutmensch“. In Frankreich ist der „Bonhomme“ ein guter Typ, aber in Deutschland wurde der „gute Mensch“ von Karl Marx beschimpft, von Nietzsche verächtlich gemacht, von Hitler als Vaterlandsverräter tituliert, und im Jahr 2015 stieg das Wort „Gutmensch“ zum Unwort des Jahres auf.

Wir müssen raus aus dem Moral-Gesülze! Das „Helfen“ ist nicht das Werk der Herzensguten, der Besseren, der Religiösen. Erstens ist Hilfeleistung wohl der älteste Kit der menschlichen Gesellschaft. Denn es war schon in der Steinzeit für das Überleben der Gruppe notwendig, dem verletzten Schwammerl-Experten wieder auf die Beine zu helfen, damit sein Wissen der Gruppe erhalten bleibt.

Und zweitens ist der Akt des Helfens eine hochprofessionelle Angelegenheit, wenn man es richtig machen will. Da muss geprüft werden: Wo wird was von wem für wie lange benötigt. Allein der finanzielle Umsatz von weltweiten Hilfeleistungen entspricht dem von Großkonzernen. „Sustainability“, die Sprache ist aus der Geschäftswelt entlehnt. Und die ausgeuferte Bürokratie tötet inzwischen jede Herzenswärme. Helfen ist Profisache! Die Zeiten, in denen der doofe Teil der Gesellschaft glaubte, dass Helfen nur eine Angelegenheit für picklige, dicke Mädchen ist, die sonst keinen abkriegen und jetzt den Ärmsten der Armen helfen müssen, sind vorbei. Daher müsste jede moderne Gesellschaft ein Ministeramt dafür einführen, mehr Experten schulen, und viel mehr Geld dafür ausgeben, eine professionelle Hilfsbereitschaft der Gesellschaft zu schulen, zu pflegen, zu organisieren. 

Und die Akzeptanz wäre womöglich größer als man meint, denn: Helfen macht Freude. Oder wie es der Schriftsteller Stefan Zweig einen Arzt in seinem „Amokläufer“ formulieren ließ: „Es gibt ja nicht nur eine Pflicht, die gegen den andern, sondern eine für sich selbst und eine für den Staat und eine für die Wissenschaft. Man will helfen, natürlich, dazu ist man doch da.“

Der Kabarettist und Autor Christian Springer gründete 2012 Orienthelfer e.V. (© Foto: Sina-Maria Schweikle)

Meldung erstellt am: 18. Februar 2022